Vor ein paar Tagen lief auf 3sat die Wissenschaftsdoku “Rennen bis zum Rausch. Extremsport als Massenbewegung”, in welcher drei Triathleten porträtiert wurden. Ich bin auf Facebook über dieses Video gestolpert und habe es mir trotz einer sehr dürftigen Internetverbindung hier auf den Philippinen mit Interesse angesehen. Es hat zwar Stunden gedauert, bis das Video (hier zu finden auf www.3sat.de) dann vollständig gelanden war, aber es hat sich gelohnt:D
Immer mehr Menschen finden zum Triathlonsport – nicht nur in Deutschland sondern auf der ganzen Welt. Hier auf den philippinischen Inseln boomt der Triathlon ja auch, was man nicht zuletzt am Ironman 70.3 in Cebu gut erkennen kann. Für viele Menschen ist es schon zu viel, mehr als 5 km zu laufen. Doch Laufen mit Schwimmen und Radfahren zu kombinieren? Das geht den Meisten zu weit.
Vor allem, wenn es dann um lange Distanzen wie beim halben Ironman über 1,9 km Schwimmen, 90 km Radfahren und 21,1 km Laufen oder beim vollen Ironman Triathlon über 3,8 km Schwimmen, 180 km Radfahren und 42,2 km Laufen geht. Ich habe mir vor ein paar Jahren auch niemals erträumt, je an den Marathonstart zu gehen; doch mittlerweile stehe ich vor meinem dritten Marathon.
Was macht die Faszination Marathon und Triathlon als sogenannte Extremsportarten aus? Geht das auf eine Gesellschaft zurück, der eigentlich langweilig ist, und die immer höher-schneller-weiter muss? Ist es die “Lust am Schmerz”, die einen zu solchen extremen Leistungen drängt? Oder sind diese Sportler aller nur ein wenig verrückt und haben zu viel Zeit?
Marathon von Null auf Hundert?
Eine einheitliche Antwort zu finden ist schwierig. Ich persönlich kenne Läufer, die innerhalb von wenigen Wochen auf einen Marathon trainiert haben und ihn auch gelaufen sind. Davon raten einem die meisten Ärzte dringend ab. Dann sind mir wiederum Läufer auf der Halbmarathonstrecke begegnet, die sicher schon seit Jahren dabei waren, welche jedoch sichtlich am Hecheln waren und absolut an ihre Grenzen (oder darüber hinaus) gegangen sind.
In dem Video ist eine Botschaft rüber gekommen, die ich auch für sehr wichtig halte: jeder Mensch, jeder Sportler sollte unbedingt auf seinen Körper hören und auf ihn achten. Sicherlich ist auch das sehr subjektiv, weil jedeR eine individuelle Schmerzgrenze hat. Doch man muss sich schon die Frage stellen, ob es sehr schlau ist, mit Fieber und einer Erkältung an den Marathonstart zu gehen und dabei eine Herzmuskelerkrankung zu riskieren.
Ich bin zum Triathlonsport über das Laufen gekommen. Zunächst habe ich nach etwas mehr Abwechslung gesucht und bin dann auf die Kombination Laufen-Radfahren-Schwimmen gekommen. Durch meine fast tägliche Arbeit am PC bei gleichzeitig zu wenig Bewegung ist in mir über Jahr hinweg das Bedürfnis gewachsen, mich zu bewegen, und mittlerweile treibe ich fast täglich ein paar Stunden Sport.
Das Triathlon-Training gehört für mich zum Alltag
Für mich ist das regelmäßige Triathlon-Training Bestandteil meines Alltags geworden, drei Läufe pro Woche über ca. 10 km, viel Radeln mit Radausfahrten bis zu 100 km und zwei Mal 2,5 – 3 km Schwimmen gehören einfach dazu, um einen gesunden Ausgleich zu haben. Dabei schätze ich mich sehr glücklich, dass meine berufliche Selbständigkeit und meine verständnisvolle Freundin entsprechend gute Voraussetzungen schaffen.
Wäre ich Familienvater mehrerer Kinder und hätte eine 40- und mehr Stundenwoche als Arbeitnehmer und sonstige Verpflichtungen, dann wäre ein derart intensives Training sicherlich deutlich schwieriger zu absolvieren. Hier “gesunde Grenzen” zu ziehen ist sicher nicht einfach, und ich habe Respekt vor allen, die es dennoch hinbekommen.
Das Angebot auf dem Triathlonmarkt
Dass Triathlon boomt kann man auch am Angebot vieler Sportläden und auch Online Shops wie www.mysportworld.de erkennen, wo es eigene Triathlon-Kategorien gibt. Dabei ertappe ich mich persönlich auch manchmal wie ich förmlich in eine “Kaufsucht” gerate, um neues Material anzuschaffen wie z.B. Equipment für mein Rennrad, neue Shorts und Shirts oder auch neue Laufschuhe.
Dabei hinterfrage ich durchaus, ob ich unbedingt ein Triathlonrad brauche, das mit mehreren tausend Euro zu Buche schlagen kann. Ich werde meinen ersten Ironman in Melbourne jedenfalls mit meinem Scott Speedster S 50 bestreiten, einem vergleichbar günstigen Einsteigermodell mit Aero-Lenkeraufsatz. Für mich geht es darum, mich so ausgeglichen wie möglich auf meine erste Langdistanz vorzubereiten und den Ironman zu genießen und nicht darum, an einer Materialschlacht teilzunehmen, bei der für einen Hobbytriathleten bestenfalls um ein paar Minuten mehr oder weniger geht.
Dass man Schwimmen, Laufen und Radfahren über 226 Kilometer am Stück genießen kann, würden die meisten Menschen in Frage stellen. Doch es ist ja so, dass man sich über Jahre hinweg physisch und mental darauf vorbereitet. Wer stufenweise seine Ziele nach oben schraubt, der kann noch viel größere Ziele erreichen – ich verlinke hier gerne noch einmal auf den TED-Beitrag von Diana Nyad, die als erster Mensch überhaupt in etwas mehr als zwei Tagen von Kuba nach Florida geschwommen ist.
Das ist ein echtes Lebenswerk, unglaublich verrückt und gleichzeitig einfach großartig! Ich denke, dass Diana über Jahrzehnte hinweg einfach das getan hat, was ihr am meisten Spaß gemacht hat, und das ist Schwimmen. Und genau so ist es, denke ich, mit den meisten Triathleten: ihnen macht es einfach unheimlich viel Spaß, zu Schwimmen, zu Radeln und zu Laufen. Bei jeder Sportart gibt es Kandidaten, die es übertreiben, auch beim Triathlon. Doch so lange man über die eigenen Grenzen Bescheid weiß, niemand anderem schadet und insgesamt ein gesundes Gleichgewicht halten kann, dann spricht nicht viel gegen einen Marathon oder gar Ironman Triathlon.
[Update vom 30.4.14]
Achim Achilles hat in seiner SPIEGEL-Kolumne gestern einen sehr unterhaltsamen Beitrag rund um Triathlon-Hipsters veröffentlicht. Eine sehr lustige Ergänzung zum Thema, die mich schmunzeln ließ:D